Als zweiter Teil der losen „True North“-Trilogie kommt „Yoga Hosers“ daher – und ist wenig mehr als eine große Sweet Sixteen-Party für die Töchter von Regisseur Kevin Smith und Darsteller Johnny Depp. Eine Rezension mit Schnittvorschlägen.
Sweet Sixteen ist die Bezeichnung für jene uns leicht unverständlichen und umso übertriebeneren Parties, welche das weiße Konsum-Amerika anlässlich des 16. Geburtstages von Mädchen feiert. Das Erreichen des Alters, in welchem man die ersten Erwachsenenrechte erwirbt, ist natürlich feiernswert. Wer kann, erfüllt seiner Tochter zu diesem Anlass jeden Wunsch.
Sowas artet gerne mal dementsprechend aus. In Filmen wie „God Bless America“ (USA, 2011) bekommt man das an Chloe ganz ironisch vorgeführt: professionelles Styling, teuere Geschenke … hauptsache der Kleinen vergeht das Strahlen nicht, ihren Freundinnen dafür aber schon (und Chloe bekommt dort wirklich alles, was sie verdient).
Es ist selbstverständlich nur eine Unterstellung, aber wenn man sich „Yoga Hosers“ (USA, 2016) so ansieht, scheint es einem, als wäre das genau die Art und Weise, wie der Film zustande gekommen ist.
Der Hintergrund von „Yoga Hosers“
Natürlich ist zunächst einmal nichts dagegen einzuwenden, wenn ein paar erfolgreiche Leute aus der Filmbranche wie Regisseur Kevin Smith und Schauspieler Johnny Depp einen Film mit ihren 16-jährigen Töchtern in den Hauptrollen machen. Einzuwenden ist nur etwas dagegen, wenn dabei etwas mehr Inszenierung der süßen 16-Jährigen herauskommt als ein gut inszenierter Film.
Die Folie für „Yoga Hosers“ ist entstanden, als Kevin Smith „Tusk“ (USA, 2014) drehte. In dem Film gibt Johnny Depp – kaum erkennbar mit riesiger Nase, buschigen Augenbrauen und jeder Menge Warzen – den Kopfgeldjäger Guy Lapointe. Als kleine Hommage an Smiths Anfänge mit dem Kultfilm „Clerks“ (USA, 1994) spielt eine Szene von „Tusk“ in einem Convenience Store – mit den Töchtern von Regisseur und Schauspieler, Harley Quinn Smith und Lily-Rose Depp, als Ladenhüterinnen.
Wie Brian Truitt für USA Today berichtet, hatte Kevin Smith angesichts dieser Szene sofort die Idee, einen ganzen Film um die beiden Figuren zu drehen – eine Idee, aus welcher sehr schnell die Idee zu einer gesamten „True North“-Trilogie wurde.
Da plant er also zwei Fortsetzungen für einen Film, hat aber keine Story. Das ist schon anderen so gegangen. Und auch bei denen endete es häufig nicht glücklich.
Die Handlung von „Yoga Hosers“
Dieser Abschnitt enthält Spoiler.
Gut, um einen ausgezeichneten Film zu machen, benötigt man nicht besonders viel Handlung. Gute Charaktere und ein paar spritzige Dialoge reichen völlig. Gerade „Clerks“ mit seinem so ähnlichen Ort ist das beste Beispiel.
Doch was ist nun die Handlung von „Yoga Hosers“? Colleen Collette (Lily-Rose Depp) und Colleen McKenzie (Harley Quinn Smith) müssen abends Eh-2-Zed, den Laden von Mr. Collette, hüten. Im Kopf haben sie aber nur ihre Handies, ihre Band, mit welcher sie ihm Hinterzimmer proben, und natürlich Jungs.
Mangels sozialkompatiblen Verhaltens – wie das Pubertierende nun mal so an sich haben können, aber im Film stets in einer Weise dargestellt, dass Pubertierende das noch cool finden können – geht das Pärchen allen auf die Nerven und wird daher allseits als „Yoga Hosers“ (dt. „Yoga-Trampel“) beschimpft. Der „Trampel“ ist klar, und Yoga ist die bevorzugte Sportart der beiden. Ihr Privat-Yogi hat allerdings eine etwas seltsame, kampfkunstartige Auffassung der indischen Übungen.
Vom Eh-2-Zed aus entspinnen sich zwei Handlungsstränge:
- Durch ihre Musik erzeugen sie einen Stromausfall und unterbrechen damit das seit dem zweiten Weltkrieg andauernde Armee-Zuchtprogramm eines unter dem Laden in Katakomben lebenden Nazi-Wissenschaftlers. Seine Klon-Armee ist deshalb leider noch nicht ausgewachsen und beginnt daher, den Laden in Gestalt von Brazis – nämlich BRAtwurstgroßen naZIS – zu terrorisieren.
- Die Mädchen kämpfen darum, der Einladung zweier Jungs auf eine Party folgen zu dürfen. Dabei geht es den Jungs nur um das eine. Und das ist, wie jeder weiß, die jungfräulichen Seelen ihrer Dates dem Teufel zu opfern.
Die mörderischen Jungs werden zum Glück schnell von den mit Pickelhaube ausgestatteten Nazi-Würstchen erledigt. Die Colleens ihrerseits werden – dank Kampfyoga – schnell der Brazis Herr. Doch weil die Polizei die wilde Geschichte, wer die möchtegern Mädchenmörder umgebracht hat, nicht glaubt, kommen die beiden Ladenhüterinnen ins Gefängnis. Nun tritt wieder Guy Lapointe auf, der hinter dem Chef-Nazi her ist. Er befreit die beiden, und gemeinsam können sie der Nazi-Bande und einem hübschen Schlussmonster den Garaus machen.
Was zu viel ist am „Yoga Hosers“
Dieser Abschnitt enthält Spoiler.
Das klingt wie Trash, wie ziemlicher Abfall? Klar. Das tut es. Das soll es aber auch. Manch einer/m meiner Leser*innen mag das nicht geläufig sein, aber Geschichten dieser Art konstituieren ein durchaus legitimes Filmgenre. Die Blödsinnigkeit von Filmmonstern wie Bratwurst-Nazis erhöht den Slapstick-Grad des Films. Das ist also nicht das Problem.
Das Problem ist, dass Drehbuchautor und Regisseur Kevin Smith unterwegs alles der glitzernden Selbstpräsentation der zwei Sweet Sixteens opfert. Ja, der Film ist unterhaltsam. Es gibt jede Menge zu lachen. Aber „Yoga Hosers“ ist zu glatt. Er entbehrt bei aller Groteske das notwendige provozierenden Element. Der Film offenbart damit, dass er sich nicht an das typische Genre-Publikum wie auf dem Fantasy Filmfest, sondern an Teens richtet.
Wie gut hätte es der Sache getan, den Charakteren der Colleens ein paar Kanten zu verleihen, an welchen sich auch das Teenie-Zielpublikum reiben könnte, welches es vielleicht nicht so sehr gewöhnt ist, provoziert zu werden. Stattdessen räumt der Film seinen beiden Stars sehr viel Raum ein, sich als zweifelhafte Rollenmodelle für Gleichaltrige zu inszenieren. Das sieht man schon daran, dass sie bereits im entscheidenden ersten Akt des Filmes zwei vollständige Lieder singen dürfen, von denen eines schnulziger nicht sein könnte. Was ist das? Musikvideo oder Kinofilm?
An solchen Stellen müsste man mit der Schere ansetzen. Es geht hier doch nicht darum, es den 16-jährigen Regisseurs- und Schauspielertöchtern recht zu machen, sondern einen guten Film zu drehen. Es gilt einmal mehr der einfache Grundsatz „Kill your darlings“: Auch wenn es Deine Lieblingsstelle ist, muss sie gestrichen werden, sofern sie dem Ganzen schadet. Ich weiß nicht so recht, ob mir die Duette in den Ohren klingeln, oder ob es das mutmaßliche Gezeter ist, mit welchem – pure Unterstellung meinerseits – Lily-Rose und Harley Quinn bei Papa noch ein Liedchen durchgesetzt haben.
Was fehlt an „Yoga Hosers“
Hätte man also bei der Sweet Sixteen-Party etwas weniger dick aufgetragen und stattdessen ein bisschen am Lack der Heldinnen gekratzt, sie sich auch mal ein bisschen dreckig machen lassen – überlicherweise sehen Horrorfilm-Charaktere am Ende der Geschichte nicht mehr ganz so frisch aus – und vor allem ihnen vielleicht mal ein paar Steine in den Weg gelegt, sodass die Bekämpfung einer ganzen Nazi-Klonbratwurstarmee weniger ein Durchmarsch als mehr ein tatsächlicher Kampf gewesen wäre, bei welchem die Helden auch mal ernsthaft in Gefahr geraten, dann, ja dann …
Oder meinetwegen lasst das Spannungs-Zinnober weg. Es gibt ja auch die andere Möglichkeit, auf Charakter statt auf Handlung zu bauen … Aber so macht Kevin Smith weder das eine noch das andere. Da kommt kein wirklich guter Film raus.
Hoffen wir also einerseits, dass wenigstens die Sweet Sixteens zufrieden sind, und hoffen wir andererseits auf den dritten Teil der Trilogie, „Moose Jaws“, in ein, zwei Jahren. Bis da hin kann es ja nur weniger pubertär werden.
Verwendetes Bild: © 2016 Abbolitia – Destro – Invisible