Rhetorik ist weder Propaganda noch Verführungskunst. Sie ist in jeder Kommunikation gegenwärtig und für deren Erfolg entscheidend. Eine Begriffsbestimmung.
Vielleicht ist es etwas vermessen, einen kurzen Artikel unter demselben Titel zu veröffentlichen wie Prof. Dr. Joachim Knapes maßgebliches Buch „Was ist Rhetorik?“, auf das ich mich hier vor allem stütze. Die Suchmaschinenoptimierung (SEO) verlangt aber eine möglichst große Ähnlichkeit zu dem, was Benutzer:innen möglicherweise bei Suchmaschinen eingeben, um gefunden zu werden.
Und damit sind wir aber schon sehr nahe am Thema: dabei, wie Kommunikation gestaltet werden muss, um erfolgreich zu sein. Joachim Knape definiert:
In der Praxis ist Rhetorik die Beherrschung erfolgsorientierter strategischer Kommunikationsverfahren.
Joachim Knape, „Was ist Rhetorik?“, Reclam: 2000. S. 33.
Der rhetorische Fall tritt demnach immer ein, wenn jemand ein Ziel mit kommunikativen Mitteln verfolgen will. An diesem Ziel ist der Erfolg der Kommunikation messbar. Um es zu erreichen, muss strategisch kommuniziert werden. Das heißt, dass die kommunikativen Mittel bzw. die Kommunikationsverfahren so eingesetzt werden müssen, dass sie auf das Ziel abgestimmt und angemessen sind.
Blickwinkel auf die Rhetorik
In dem oben zitierten Satz beschreibt Joachim Knape, was Rhetorik bezogen auf ihre Praxis sein muss. Der Begriff der Rhetorik hat jedoch mehr als diese Facette. Joachim Knape schreibt:
[D]er Begriff der Rhetorik bezeichnet verschiedene Dinge: eine kommunikative Praxis, die darauf bezogene Theorie, ein kommunikationstechnisches Schulungsfach und eine wissenschaftliche Disziplin.
Joachim Knape, „Was ist Rhetorik?“, Reclam: 2000. S. 9.
Unter dem Begriff Rhetorik kann also verstanden werden:
- die Fähigkeit, in der Praxis erfolgsorientiert strategisch zu kommunizieren, wenn der rhetorische Fall eintritt
- weiter jene auf diese Praxis bezogene rhetorische Theorie erklärt, wie einzelne kommunikative Mittel wirken und strategisch eingesetzt werden können
- als das Schulungsfach Rhetorik, das vermittelt, was die Theorie aussagt, und trainiert für die Praxis
- und schließlich die Wissenschaft Rhetorik, welche diese Praxis analysiert, um auf dieser Basis die Theorie hervorzubringen und Grundlagen für das Schulungsfach zu schaffen. Als Wissenschaft untersucht die Rhetorik zudem die eigene Theoriegeschichte.
Historische Rhetorikbegriffe
Es lohnt sich zudem einen Blick auf frühere Rhetorikbegriffe zu werfen.
Platon beispielsweise definierte Rhetorik als „Psychagogie, als Seelenleitung des Menschen durch den Menschen“ (Knape, 2000, S. 9). Diese älteste Erklärung der Bedeutung von Rhetorik ist immer noch treffend. Sie verweist darauf, dass sie nicht mit Überwindungsstrategien, also mit Gewalt, arbeitet, sondern Überzeugungsstrategien empfiehlt. Diese haben zum Ziel, etwas im Inneren des Gegenübers, gewissermaßen in dessen Seele, zu bewegen.
Das führt zu einer weiteren antiken Begriffserklärung der Rhetorik als ars persuadendi (Kunst zu überzeugen). Das rhetorische Ziel ist insofern, eine dauerhafte Veränderung im Adressaten zu erreichen – und nicht bloß zu überreden.
Den Unterschied habe ich im Unterricht gerne so erklärt: Wenn jemand überredet wird, ein Produkt zu kaufen, wird er sich später ärgern, dass er darauf hereingefallen ist. Wird er allerdings überzeugt, das Produkt zu kaufen, wird er später immer noch davon überzeugt sein, richtig gehandelt zu haben.
In einer weiteren antiken Definition wird Rhetorik als ars bene dicendi (Kunst gut zu reden) bezeichnet. Gemeint ist damit nicht einfach nur ein ästhetisch „schönes Reden“. Leider wird Rhetorik häufig auf diese Bedeutung reduziert und entsprechend einfach als Redekunst übersetzt. Gemeint ist vielmehr ein angemesses, gekonntes Reden in Hinblick auf ein rhetorisches Ziel: Die ars bene dicendi ist daher immer unter dem Strich eine ars persuadendi.
Umgang mit dem Konzept der Rhetorik
Auf dieser Internetseite wird entsprechend der obigen Definition Rhetorik also immer verstanden als etwas auf erfolgsorientierte strategische Kommunikation Bezogenes. Wenn ich mich hier über kreatives Schreiben bzw. Schriftstellerei, Journalismus und wissenschaftliches Schreiben äußere, so immer in folgender Haltung:
Mit dem Ziel die praktische Fähigkeiten zu erfolgsorientierter strategischer Kommunikation in den jeweiligen Gattungen zu vermitteln, indem ich die rhetorische Theorie erkläre. Dazu analysiere ich deren kommunikative Voraussetzungen und wende, soweit meine Kraft dafür reicht, die angemessenen Kommunikationsverfahren auch mal an. Mithin sind also Praxis, Theorie, Schulung und Wissenschaft (wenn auch populäre) mein rhetorisches Ziel.