Der NaNoWriMo macht nicht nur die angeblich so einsame Tätigkeit des Schreibens weniger einsam, sondern hilft auch Autoren, die notorisch vor ihren Träumen in Deckung gehen, endlich anzufangen.
Unter den „5 Dinge[n], die Autoren nicht hören wollen“ listet die geschätzte Jennifer Jäger als aller erstes einen Klassiker auf:
Also ich wollte auch immer mal ein Buch schreiben.
Das hört man als Autor in der Tat recht oft – und als Lehrer für Kreatives Schreiben noch viel häufiger. Jennifer macht dieser Satz recht ratlos, denn die Zahl der Antwortmöglichkeiten des Schriftstellers ist in der Tat limitiert. Das gilt vor allem dann, wenn man nicht die von Jennifer treffend persiflierte Antwort zu hören bekommen möchte:
Ja, ich hatte einfach echt keine Zeit.
Nun ist dieses Keine-Zeit-haben natürlich ein uns allen sehr bekanntes Phänomen, das drei potentielle Ursachen hat: Es ist einem einfach nicht wichtig genug, oder man hat einen verschleißenden Job mit 60–80 Wochenstunden, oder man verprokrastiniert die Zeit aufgrund einer ausgeprägten oder angehenden Schreibblockade.
In ersterem Fall endet das von Jennifer angedeutete Gespräch wirklich sehr schnell, denn was gibt es dazu schon zu sagen, wo doch jeder frei entscheiden darf? Zweiterer Fall ist schwerer zu lösen. Das will ich gar nicht abstreiten. Ich selbst habe als davon Betroffener den Mut aufgebracht, einfach einen Teil meines Jobs zu kündigen – mal sehen, wohin mich das führen wird. Aber ob das für jeden eine gute Idee ist, bleibt Privatsache.
Für dritteren Fall gibt es den NaNoWriMo, den jährlichen National Novel Writing Month!
Oh Schreck, der NaNoWriMo steht an!
Worum es sich beim NaNoWriMo handelt, habe ich schon im vergangenen Jahr beschrieben. Um es kurz zu sagen, handelt es sich um die zwanglose Verabredung einer Reihe von Schriftstellern, jeden Tag (virtuell) gemeinsam zu schreiben, um jeder am Ende des Monats einen soliden Textkorpus für seinen Roman erstellt zu haben. Der NaNoWriMo ist also eine Zielvereinbarung, welche Autoren hilft, die beiden größten Hürden des Schriftstellerdaseins zu überwinden:
- Fang an.
- Mach’s fertig.
Die Art der Zielvereinbarung des NaNoWriMo ist dabei, denke ich, so gestaltet, dass sie dem menschlichen inneren Widerstand gegen übergroße, nicht überschaubar wirkende Anstrengung und dem menschlichen Bedürfnis nach konkreten Erfolgserlebnissen entgegen kommt. Sie besteht nicht in der kaum greifbaren Aufgabe „schreib ein Buch“, sondern lautet ganz einfach „schreib jedem Tag ein bisschen“. Drei entscheidende Effekte sind davon zu erwarten:
- Die kleinere Schreibaufgabe fängt man leichter an als die unüberschaubare.
- Die Bewältigung der überschaubaren Schreibaufgabe gibt einem ein tägliches Erfolgserlebnis.
- Wenn man sich in dieser Weise täglich mit seiner Geschichte befasst, ist man drin und es läuft viel leichter, als wenn man sie gelegentlich in die Hand nimmt.
Um das zu erreichen, besteht die Zielsetzung des NaNoWriMo aus zwei Teilen, nämlich einer für den ganzen Monat und einer für jeden einzelnen Tag. Fangen wir bei letzterer an: Chris Baty, der Erfinder des NaNoWriMo, schlug vor, dass man sich vornimmt, 1.667 Worte pro Tag zu schreiben. Das ist weniger als doppelt so viel, wie in diesem Text hier stecken (er ist genau 878 Worte lang). Eine Menge also, die selbst dem ungeübten Autoren weit weniger erschreckend vorkommen dürfte als ein ganzes Buch, oder?
Und dennoch wird ein ganzes Buch draus, denn wenn man das die 30 Tage des Novembers durchhält, hat man plötzlich 50.000 Worte vor sich liegen. Das ist doch ein Buch – ein kleines zwar, zugegeben, aber ein Buch. Zum Vergleich: „Der Hobbit“ von J. R. R. Tolkien besteht aus 95.566 Worten.
Oh Schreck, wie für den NaNoWriMo vorbereiten?
Wenn Ihr jetzt denkt, dass diese jährliche Veranstaltung vielleicht doch etwas für Euch ist, helfen Euch ein paar vorbereitende Überlegungen weiter:
Viele Menschen, die „auch immer mal ein Buch schreiben“ wollten, tragen schon lange eine Geschichtenidee in sich. Andere haben vielleicht sogar schon mit dem Schreiben begonnen und das Vorhaben dann aus den unterschiedlichsten Gründen liegen lassen. Andere angehende Autoren haben vielleicht noch gar keine fertige Idee.
Die Ersteren müssen ausmotten, die anderen auf die Suche gehen. In beiden Fällen müsst Ihr Euch überlegen, ob Ihr schon genug wisst, um am 1. November in die Tasten hauen zu können. Manche von euch wissen schon, was sie da überhaupt wissen müssen, andere tappen sogar noch völlig im Dunkeln. Doch auch dabei unterstützt Euch der NaNoWriMo: Er bietet auf seiner Web-Seite schon jetzt im Vorfeld und auch im November eine Reihe von nützlichen Texten und Möglichkeiten zum Austausch mit anderen Teilnehmern.
Ferner habe ich mich entschlossen, Euch jeden Tag im Oktober – jeweils um 19:00 Uhr – einen praktischen Denkanstoß als Text oder Video auf meinem Twitter-Profil und meiner Facebook-Seite zu teilen, die Euch Schritt für Schritt auf die Plätze bringen, damit Ihr zum NaNoWriMo startklar seit.
NaNoWriMo – und dann?
Bleibt noch eine Frage offen: Anfang Dezember haltet Ihr dann ein Manuskript mit 50.000 Worten in den Händen – aber das ist vielleicht noch gar nicht zu Ende geschrieben. Wie soll es damit weitergehen?
Ich denke, dass drei Antworten für diese Fragen auf der Hand liegen. Erstens: Mach’s fertig! Zweitens seid Ihr dann im Schreibfluss und habt so viele nette Kommilitonen kennengelernt, dass Ihr es auch ohne die offizielle Veranstaltung schaffen könnt. Und drittens folgt im April das CampNaNoWriMo mit denselben Zielsetzungen.
Und wenn Ihr zwei Mal bei so etwas mitgemacht habt, zählt Euer Buch schon mehr Worte als „Der Hobbit“. Viel Erfolg!
Mehr Informationen und mehr Unterstüzung durch die Crowd findet man hier: nanowrimo.org
Verwendetes Bild: © 2013 Christoph Seiffert | flickr.com.